Kommunalpolitiker – Grundpfeiler der Demokratie
Kommunalpolitisches Engagement wird häufig ehrenamtlich geleistet. Steuerliche Fragen ergeben sich gleichwohl. Sie betreffen Wahlkampfkosten, Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen. Eine Übersicht.
Sie entscheiden über die Sanierung von Schulen und Schwimmbädern, ob ein Bus kommt, die Mülltonne geleert wird und die Straßen nachts beleuchtet sind: Kommunalpolitiker sind für die örtliche Infrastruktur verantwortlich und tragen damit zur Lebensqualität vor Ort bei. Ihr Engagement ist für uns alle wichtig. Deshalb wird es steuerlich gefördert.
Ist ein Kommunalpolitiker selbständig oder als Arbeitnehmer tätig? – Die Frage nach der Einkunftsart
Mitglieder des Gemeinderates oder Kreistages sowie ehrenamtliche Ortsvorsteher sind selbständig tätig, solange sie lediglich ihr politisches Wahlamt ausüben, ohne dass ihnen Verwaltungsaufgaben übertragen werden. (vgl. Schmidt/Wacker EStG, 44. Aufl. 2025, § 18 Rn. 144 m.w.N.). Dementsprechend erzielen sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 13.6.2013, Az. III B 156/12 m.w.N.) und haben jährlich ihren Gewinn zu ermitteln. Der Ehrensold, der an früher selbständige Ortsvorsteher und Bürgermeister bezahlt wird, zählt zu den Einkünften aus ehemaliger Tätigkeit gem. § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Übernimmt ein kommunaler Mandatsträger allerdings auch Exekutivaufgaben, wird er als Arbeitnehmer tätig, wie z.B. ein Bürgermeister, der nicht nur dem Stadtrat vorsitzt, sondern auch die Kommunalverwaltung leitet (vgl. Schmidt/Krüger EStG, 44. Aufl. 2025, § 19 Rn. 35 „Bürgermeister“ m.w.N.). Er erzielt grds. lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Der spätere Ehrensold zählt zu den Versorgungsbezügen, jedoch gemindert um den Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 EStG).
Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen – die Frage nach der Steuerbefreiung
Zu den Einnahmen aus sonstiger selbständiger Tätigkeit gehören auch Sitzungsgelder und andere Tätigkeitsvergütungen (vgl. Schmidt/Wacker EStG, 44. Aufl. 2025, § 18 Rn. 144). Sie sind steuerpflichtig, soweit nicht die Voraussetzungen der Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) oder einer anderen Befreiungsnorm erfüllt werden.
Im Gegensatz zu den Sitzungsgeldern gibt es für Aufwandsentschädigungen eine eigenständige Befreiungsvorschrift. Demnach sind Aufwandsentschädigungen steuerfrei, wenn (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG):
- Die Zahlung aus einer öffentlichen Kasse stammt, wie z.B. diejenige einer Kommune, und
- zweckgebunden geleistet wird, um tatsächlich entstandene Aufwendungen auszugleichen (vgl. BverfG 2 BvL 10/95, BStBl II 99),
- die dem Empfänger im Zusammenhang mit der öffentlichen Dienstleistung entstanden und
- die als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu qualifizieren sind (vgl. BFH VIII R 57/09, BStBl II 13; BFH IX R 10/16, BStBl II 18), d.h. es darf sich nicht um Kosten der privaten Lebensführung handeln (§ 12 EStG), zu denen auch Repräsentationsaufwendungen zählen.
Statt nach § 3 Nr 12 EStG können Entschädigungen u.U. vorrangig als Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschale steuerbefreit sein (vgl. Schmidt/Levedag, 44. Aufl. 2025, EStG § 3, Rn. 50 m.w.N.).
Steuerfrei ist lediglich eine Zahlung „als“ Aufwandsentschädigung, d.h. die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ist ausdrücklich dem Grunde und der Höhe nach auf einen echten Aufwandsersatz beschränkt. Damit sind Entschädigungen für Verdienstausfall oder Zeitverlust kraft Gesetzes von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Für die Abgrenzung sind Bezeichnung und Auslegung der Rechtsgrundlage für die Entschädigung maßgeblich (BFH IX R 10/16, BStBl II 18, 571; BFH VIII R 28/15, BFH/NV 18, 1196). Ebenfalls von der Steuerbefreiung ausgenommen sind Entschädigungen, die den – im Zusammenhang mit der öffentlichen Dienstleistung entstandenen – tatsächlichen Aufwand offenbar übersteigen (vgl. Schmidt/Levedag, 44. Aufl. 2025, EStG § 3, Rn. 52), d.h. bereits ohne kleinteilige Prüfung erkennbar höher liegen.
Der Rahmen steuerfreier Entschädigungsbeträge ist teils per Gesetz, teils per Rechtsverordnung geregelt, z.B. in R 3.12 Abs. 3 LStR. Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen in bundeseinheitlichen Ländererlassen, den sog. Ratsherrenerlassen, steuerfreie Pauschbeträge festgesetzt, die in vielen Fällen weit über die Regelung in R 3.12 Abs. 3 LStR hinausgehen. Mit diesen steuerfreien Pauschbeträgen sind alle Aufwendungen abgegolten, die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit als Mandatsträger zusammenhängen (mit Ausnahme der Aufwendungen für Dienstreisen).
Eingeschränkter Kostenabzug – die Kehrseite der Medaille
Ist das gezahlte Sitzungsgeld oder die geleistete Aufwandsentschädigung von der Einkommensteuer befreit, hat das Auswirkungen auf die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen, die mit der befreiten Entschädigung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen: Nur diejenigen Aufwendungen können als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht werden, die
- entweder sachlich nicht von der Entschädigung abgedeckt werden oder
- die diese pauschale Entschädigung übersteigen (vgl. § 3c Abs. 1 EStG, Schmidt/Levedag, 44. Aufl. 2025, EStG § 3, Rn. 50).
Die Antwort auf die Frage, wofür eine steuerfreie Aufwandsentschädigung gezahlt wird und welche Aufwendungen ggf. daneben als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abgezogen werden können, ist dem jeweiligen Bundes- oder Landesgesetz zu entnehmen, in welchem die Zahlung der betreffenden Aufwandsentschädigung vorgesehen ist (BFH v. 19.10.2016, VI R 23/15, BStBl II 2017, 345), oder der jeweiligen Verordnung, wie z.B. dem Ratsherrenerlass.
Wahlkampfkosten
Denselben Grundsätzen unterliegen die Wahlkampfkosten: Sie stellen vorweggenommene Betriebsausgaben dar (BFH v. 26.1.1996, IV R 15/95, BStBl II 1996, 431), soweit sie zusammen mit den weiteren Betriebsausgaben die steuerfreien Aufwandsentschädigungen übersteigen (vgl. z.B. FinMin. Baden-Württemberg v. 7.10.1996, S 2350/11, DStR 1996, 1732). Entsprechendes gilt für den Werbungskostenabzug bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten hängt nicht davon ab, dass der Kandidat tatsächlich gewählt wird: Auch erfolglose Wahlkampfkosten sind grds. abzugsfähig (vgl. Schmidt/Krüger EStG, 44. Aufl. 2025, § 19 Rn. 110 „Wahlkampfkosten“ m.w.N.).
Im Einzelnen können Kosten jedoch nur dann als Werbungskosten anerkannt werden, wenn sie nicht als Repräsentationsaufwendungen den (nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren) Kosten der Lebensführung zuzurechnen sind, wie z.B. Bewirtungskosten.
Fazit
Das oftmals ehrenamtliche Engagement kommunaler Mandatsträger wird vom Gesetzgeber auch dadurch gefördert, dass Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigungen steuerfrei bleiben, soweit sie gewisse Beträge nicht überschreiten. Hierfür kommt neben der Spezialnorm nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG insbesondere die Ehrenamtspauschale nach § 3 Nr. 26a EStG in Betracht.
Nur soweit Kosten die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, können sie steuermindernd als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Dies folgt aus dem Grundgedanken des § 3c EStG, wonach bei steuerfreien Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch Abzug der damit unmittelbar zusammenhängenden Ausgaben erzielt werden soll.
Neben dieser steuerlichen Förderung wäre es wünschenswert, wenn sich die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker nicht erst durch einen Vorschriftendschungel kämpfen müssten, um in Erfahrung zu bringen, welche steuerfreien Entschädigungsbeträge für sie gelten und welchen Aufwand sie konkret abdecken. Denn wegen der föderalen Struktur gibt es regional unterschiedliche Regelungen. Hier wären die Länder und Kommunen gefragt, ihren Mandatsträgern einschlägige Informationen an die Hand zu geben, um sie von bürokratischen Bürden zu entlasten.


