Abgeordnetenbezüge und Wahlkampfkosten

Symbolbild Steuerrecht

Abgeordnetenbezüge und Wahlkampfkosten

Sie genießen nicht den besten Ruf, die Diäten der Abgeordneten: „Willkür“ und „Selbstbedienungsmentalität“ meinen ihre Kritiker. Will man aber auch solche Personen als Abgeordnete gewinnen, die anderswo hoch dotierte Stellen besetzen könnten, bedarf es eines gewissen Einkommensniveaus – das außerdem der Korruption vorbeugen soll. Ein Teil des Einkommens bleibt steuerfrei. Mit Folgen für den Werbungskostenabzug.

Werden die Diäten, Aufwandsentschädigungen und Kostenpauschalen besteuert? Was wird aus den Wahlkampfkosten und wann liegt eine Spende vor? Eine Einordnung.

Abgeordnete haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung, die sog. Diäten. Diese Abgeordnetenentschädigungen sind einkommensteuerpflichtig. Hinzu kommt eine steuerfreie Aufwandspauschale als Teil der so genannten Amtsausstattung. Davon müssen alle Ausgaben bestritten werden, die zur Ausübung des Mandates anfallen: vom Zweitwohnsitz in der Nähe des Parlaments bis hin zu den Kosten der Wahlkreisbetreuung.

Abgeordnete – wer ist gemeint?

Von der für die Abgeordnetenbezüge geltenden Regelung werden Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, Abgeordnete des Europaparlaments erfasst (§ 22 Nr. 4 Satz 1 EStG); nicht hingegen ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Vertretungen, Bürgermeister oder andere kommunale Wahlbeamte (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG, 44. Aufl. 2025, § 22 Rn. 161).

Bezüge – was ist gemeint?

Unter Bezüge werden in erster Linie Entschädigungen und Amtszulagen, aber auch Zuschüsse zu Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, Übergangsgelder, Überbrückungsgelder, Sterbegelder, Versorgungsabfindungen und Versorgungsbezüge verstanden (§ 22 Nr. 4 Satz 1 EStG).

Abgeordnetenbezüge – was bleibt steuerfrei?

Wie bei Arbeitnehmern bleiben Zuschüsse zu Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen steuerfrei (§ 22 Nr. 4 Satz 4 a) i.V.m. § 3 Nr. 62 EStG). Und wie bei Beamten wird für Versorgungsbezüge der Versorgungsfreibetrag gewährt (§ 22 Nr. 4 Satz 4 b) EStG i.V.m. § 19 Abs. 2 EStG).

Anders als bei Arbeitnehmern bleiben darüber hinaus eine Aufwandsentschädigungen steuerfrei, die

  • aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlt werden, und die
  • in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder auf Grundlage einer bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung
  • als Aufwandsentschädigung festgesetzt und die
  • im Haushaltsplan als Aufwandsentschädigung ausgewiesen worden sind (§ 3 Nr. 12 Satz 1 EStG).

Kein Werbungskostenabzug – die Kehrseite der Medaille

Der im Übrigen geltende Grundsatz, dass (lediglich) diejenigen Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen wirtschaftlich in Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen (§ 3c Abs. 1 EStG), wird bei Abgeordneten durch eine Spezialnorm verdrängt, die überhaupt keine durch das Mandat veranlassten Aufwendungen zum Werbungskostenabzug zulässt, sofern der Abgeordnete auch Aufwandsentschädigungen erhält (§ 22 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG). Da Abgeordneten grds. eine Aufwandsentschädigung zusteht, kann man bei ihnen von einem generellen Abzugsverbot für Werbungskosten sprechen.

Partei- und Fraktionsbeiträge sind jedoch schon dem Grunde nach keine Werbungskosten (Strahl/Demuth in: Korn, EStG, § 34g EStG, Rn. 7 m.w.N.); für sie kann ggf. die Steuerermäßigung für Parteispenden gem. § 34g EStG bzw. der Sonderausgabenabzug gem. § 10b EStG in Betracht kommen.

Mandatsträgerbeiträge sind regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus an die Partei leistet (§ 27 Abs. 1 Satz 2 PartG). Bei diesen Zuwendungen handelt es sich im steuerrechtlichen Sinne um Spenden (vgl. BMF-Schreiben vom 10.4.2003, IV C 4-S 2223-48/03). Sie sind selbst dann als Spenden abziehbar, wenn sie im Hinblick auf künftige Mandate geleistet werden (vgl. Kirchhof/Seer, EStG, 19. Aufl., § 10b Rz. 50). Zu beachten ist allerdings, dass der Spendenabzug einkommensteuerlich gedeckelt ist. (-> Blogbeitrag: „Parteispenden – ganz ohne „Affaire“)

Wahlkampfkosten – außer Spesen nichts gewesen?

Zu den Wahlkampfkosten zählen alle Aufwendungen, die zur Erlangung oder Wiedererlangung eines Mandats getätigt werden. Dies gilt auch für die Kosten zur Erlangung des Kandidatenstatus, die organisatorische Vorbereitung als Kandidat(in) sowie die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Nachrückerstatus (vgl. DStZ 2020, 396).

Wahlkampfkosten zur (Wieder-) Erlangung eines Mandats im Bundestag, im Europäischen Parlament oder in einem Landtag dürfen nicht als Werbungskosten abgezogen werden (§ 22 Nr. 4 Satz 3 EStG). Damit soll die steuerliche Gleichbehandlung aller Bewerber und somit ihre Chancengleichheit unabhängig von ihrer Steuerprogression gewährleistet werden. Andernfalls wäre es für vermögende Bewerber mit einer hohen Spitzenbelastung steuerlich deutlich attraktiver, Aufwendungen für den Wahlkampf selbst zu tragen und als Werbungskosten geltend zu machen als für weniger vermögende Kandidaten mit niedrigeren Steuersätzen. Denn die Abzugsbeschränkungen für Spenden an politische Parteien (§ 34g, § 10b EStG) ließen sich durch den Abzug von Wahlkampfkosten als Werbungskosten eines Kandidaten umgehen (vgl. Anmerkungen RiBFH Dr. Nils Trossen, zu BFH v. 10.12.2019, HFR 2020, 525-527).

Das Abzugsverbot für Wahlkampfkosten gilt selbst für eine erfolglose Bewerbung oder für Nachrücker (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.2019, Az. IX R 32/17, BStBl 2020 II, 389): Das in § 22 Nr. 4 Satz 3 EStG geregelte Abzugsverbot beruht auch auf dem Gedanken, dass den politischen Parteien die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes bei Erreichen bestimmter Stimmenanteile pauschal ersetzt werden (§ 18 PartG) und dass für parteigebundene Wahlbewerber der Ersatz der Aufwendungen für den Wahlkampf durch ihre Partei in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.2019, Az. IX R 32/17, BStBl 2020 II, 389, Tz. 12 m.w.N.).

Fazit

Die dem Abgeordneten zustehenden monatlichen Kostenpauschalen für die durch das Mandat veranlassten Aufwendungen sind – im Gegensatz zu den eigentlichen Diäten – von der Einkommensteuer befreit. Auf Grund der Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigungen dürfen sämtliche mit dem Mandat des Abgeordneten zusammenhängenden Aufwendungen nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Das gilt auch für Sonderbeiträge eines Abgeordneten an seine politische Partei und erst recht für Wahlkampfkosten, selbst dann, wenn der Kandidat im Wahlkampf erfolglos geblieben ist, das angestrebte Mandat also nicht erreicht hat und deshalb nie in den Genuss der steuerfreien Aufwandsentschädigung kommen wird.

Die Argumentation des BFH zur Versagung des Werbungskostenabzugs ist nachvollziehbar. Doch in Zeiten schrumpfender Parteien sinkt auch deren Finanzierungsmöglichkeit nach dem Parteiengesetz, sei es über Spenden und Mitgliedsbeiträge, Mandatsträgerbeiträge oder staatliche Teilfinanzierung. Die Kosten für den Wahlkampf hingegen sinken nicht. Sind Parteien finanziell nicht mehr in der Lage, ihren Kandidaten die Wahlkampfkosten wenigstens teilweise zu erstatten, und bleibt den Kandidaten gleichzeitig der Werbungkostenabzug versagt, dürfte es künftig noch schwerer fallen, Menschen zu finden, die bereit sind, für die Partei ihren Hut in den Ring zu werfen – zum Nachteil der Demokratie.