Umsatzsteuerfreie Bildungsleistungen – aus der Sicht der Finanzverwaltung

Umsatzsteuerfreie Bildungsleistungen – aus der Sicht der Finanzverwaltung

Was lange währt, wird endlich gut?

Die am 1.1.2025 in Kraft getretene Rechtsänderung birgt viele Unsicherheiten für Bildungsinstitute, Dozenten und Privatlehrer. Nach langen zehn Monaten des Wartens hat sich die Finanzverwaltung zu offenen Fragen der Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen geäußert. Ausgewählte Kernaussagen des BMF-Schreibens vom 24.10.2025 werden im Folgenden dargestellt.

Bestimmte Bildungsleistungen sind von der Umsatzsteuer befreit. Ob es sich bei der Befreiung um eine „Zwangsbeglückung“ handelt oder um ein faktisches Wahlrecht in Form der Beantragungsmöglichkeit für die notwendige Bescheinigung, ergibt sich nicht bereits aus dem Gesetzeswortlaut (§ 4 Nr. 21 UStG).

Für Bildungsanbieter hat diese Frage jedoch hohe praktische Relevanz: Wer in ein Schulungsgebäude investiert und Vorsteuern abgezogen hat, riskiert deren anteilige „Rückabwicklung“ über die Umsatzsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Wer zu Unrecht in seinen Rechnungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hat, weil er von der Umsatzsteuerpflicht seiner Bildungsleistungen ausgegangen ist, muss die Rechnungen im Nachhinein arbeitsaufwändig berichtigen, falls die Leistungen als umsatzsteuerfrei zu qualifizieren sind. Und einen guten Eindruck hinterlässt solch eine Rechnungsberichtigung bei den Kunden auch nicht. Wer umgekehrt ohne Umsatzsteuer fakturiert hat, obwohl die Bildungsleistungen umsatzsteuerpflichtig sind, bleibt auf der Umsatzsteuer als Kosten sitzen, weil er sie abführen muss, ohne sie zuvor bei der Preiskalkulation berücksichtigt zu haben.

Höchste Zeit also für Klarheit und damit Planungssicherheit. Sie soll das jüngste BMF-Schreiben bringen. Leistet es das?

Das vollständige Schreiben ist auf der Seite des Bundesfinanzministeriums abrufbar:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/2025-10-24-ust-befreiung-schul-und-bildungszweck.html

1. Bildungsleistungen – was darunter verstanden wird

Von der Umsatzsteuer befreit sind die unmittelbar Schul- und Bildungszwecken dienende Leistungen, sog. Bildungsleistungen. Darunter werden sowohl Schul- und Hochschulunterricht als auch Ausbildung, Fortbildung und berufliche Umschulung verstanden (Abschn. 4.21.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE-n.F.).

Bei online erbrachten Bildungsleistungen unterscheidet das BMF nach dem Grad der Automatisierung: Während bloße Streamingangebote und Onlineübungen mit automatisiert generierten Rückmeldungen von der Umsatzsteuerbefreiung ausgeschlossen sind, ist die Umsatzsteuerbefreiung für interaktive Livestreamangebote – parallel oder anstelle einer Vor-Ort-Veranstaltung – durchaus möglich (Abschn. 4.21.1 Abs. 2 Sätze 1 und 3 UStAE-n.F.).

Der Frage nach der Umsatzsteuerbefreiung stets vorgeschaltet ist die Frage, ob der Umsatz in Deutschland erbracht wird und damit überhaupt umsatzsteuerbar ist; zu den Details siehe Blogbeitrag „Digitale Bildungsleistungen“ vom 20.8.2025.

Auch die Bereitstellung einer Aufzeichnung des Unterrichts im Nachgang zu einer Live-Veranstaltung ist als unselbständige Nebenleistung ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit, sofern für die Aufzeichnung kein gesondertes Entgelt in Rechnung gestellt wird (Abschn. 4.21.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE-n.F.). Das bedeutet im Umkehrschluss: Wird ein gesondertes Entgelt verlangt, ist die Bereitstellung der Aufzeichnung umsatzsteuerpflichtig.

Lehrgänge und Streaming-Angebote, die nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz zugelassen sind, stellen Bildungsleistungen dar (Abschn. 4.21.1 Abs. 2 Satz 4 UStAE-n.F.).

Da nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz eine Zulassungspflicht besteht, steht den betroffenen Bildungsinstituten kein faktisches Wahlrecht zu, über die Nicht-Beantragung einer Bescheinigung umsatzsteuerpflichtige und damit vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsumsätze aufzuführen. Bildungsanbieter, die dem Fernunterrichtsschutzgesetz unterliegen, sind zu Umsatzsteuerbefreiung verpflichtet und damit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen – rückwirkende Umsatzsteuerberichtigung nach § 15a UStG inklusive.

Auf die subjektive Zielsetzung der Teilnehmer, den Unterricht tatsächlich im Hinblick auf die eigene Bildung und berufliche Nutzung oder aus anderen Motiven heraus zu besuchen, kommt es für die Beurteilung nicht an. Entscheidend ist vielmehr die Art der Leistung.

=> Leistungen, die ihrer Art nach Schul- und Hochschulunterricht sind:

Schul- und Hochschulunterrichtist Teil einesintegrierten Systems der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten, je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen, dieses System bildenden Stufen. Grundlage für den Unterricht stellt ein längerfristig angelegter Lehrplan dar, wobei sich der Unterricht sowohl auf die Vermittlung theoretischer als auch auf die Vermittlung praktischer Kenntnisse erstrecken kann. Das Alter der Teilnehmer spielt keine Rolle, so dass auch Erwachsenenbildung unter den Begriff des Schul- bzw. Hochschulunterricht fällt. Unterrichtet der Lehrer lediglich einzelne Fächer des Spektrums, steht diese Tatsache der Beurteilung als Schul- bzw. Hochschulunterricht nicht entgegen – sofern der Unterricht darauf ausgerichtet ist, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Teilnehmer auf verschiedenen Stufen zu entwickeln oder ihnen den Erwerb zusätzlicher Zeugnisse und Abschlüsse zu ermöglichen. Ausdrücklich als begünstigt benannt sind Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfeleistungen, Bewerbungstraining und Potenzialchecks für Schüler. (vgl. Abschn. 4.21.1 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 UStAE-n.F.)

Abzugrenzen ist der Schul- und Hochschulunterricht von „spezialisiertem“ bzw. „punktuellem“ Unterricht, wie z.B. der Fahrschulunterricht einer Fahrschule, der Schwimmunterricht einer Schwimmschule sowie die Tätigkeit der Präventions- und Persönlichkeitstrainer oder Gästeführer eines Museums (Abschn. 4.21.1 Abs. 6 UStAE-n.F.).

Sportkurse sowie Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von einer VHS, einem gemeinnützigen Verein, von Berufsverbänden oder Wirtschaftsakademien angeboten werden, können allerdings unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 UStG umsatzsteuerbefreit sein (vgl. Abschn. 4.21.1 Abs. 7 UStAE-n.F.).

Außerdem ist Schul- und Hochschulunterricht ggü. bloßer Freizeitgestaltung abzugrenzen: Veranstaltungen, die lediglich den organisatorischen Rahmen für eine Gelegenheit zum bloßen Ausüben einer Freizeitaktivität bilden, wie z.B. Tanzabende, Töpfern oder Kochen, stellen keinen Unterricht dar. Auch die Möglichkeit, die während einer solchen Veranstaltung erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse beruflich nutzen zu können, ändert nichts an dem Freizeitcharakter und damit der Umsatzsteuerpflicht einer solchen Veranstaltung. (vgl. Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Sätze 1 bis 5 UStAE-n.F.)

Erziehungsleistungen an Kinder und Jugendliche, insbesondere altersgerechte Sprach- und Wissensvermittlung, Angebote von Musik-, Kunst- und Bewegungserziehung oder die Vermittlung sozialer Kompetenzen und Werte, können allerdings – nachrangig – unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG umsatzsteuerfrei sein (vgl. Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Satz 7 UStAE-n.F.).

Ausgenommen von den Freizeitaktivitäten sind hingegen Schulungsangebote für Personen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, z.B. Kurse für Schöffen und Übungsleiter, d.h. dass Kurse zur Vorbereitung auf ein Ehrenamt als Bildungsleistung von der Umsatzsteuer befreit sein können (Abschn. 4.21.2 Abs. 1 Satz 6 UStAE-n.F.).

=> Leistungen, die ihrer Art nach Ausbildung, Fortbildung und berufliche Umschulung sind:

Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung, umfassen (1) Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe bzw. einem Beruf sowie (2) jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 Satz 1 UStAE-n.F.). Auf die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung kommt es insofern nicht an, weshalb auch Tagesveranstaltungen oder Vortragsreihen begünstigt sein können (Abschn. 4.21.1 Abs. 13 UStAE-n.F.).

Zu den Leistungen der Ausbildung und beruflichen Umschulung zählen Leistungsangebote, die zur (erstmaligen) Aufnahme eines konkreten Berufes befähigen bzw. einen Berufswechsel vorbereiten, wohingegen Leistungen der Fortbildung dazu dienen, in einem bereits erlernten Beruf die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten, anzupassen oder zu erweitern oder um beruflich aufzusteigen (Abschn. 4.21.1 Abs. 9 UStAE-n.F.). Zur Fortbildung können demnach IT-, Sprach- oder Kommunikationskurse gehören, sofern die Teilnehmer für die von ihnen ausgeübte Berufstätigkeit geschult werden (Abschn. 4.21.1 Abs. 12 UStAE-n.F.).

Unter Ausbildung und Umschulung fallen nicht nur öffentlich-rechtlich geregelte Ausbildungsgänge, sondern auch nicht öffentlich-rechtlich geregelte Ausbildungslehrgänge, wie z.B. der Fahrunterricht zum Erwerb eines LKW- oder Busführerscheins (Abschn. 4.21.1 Abs. 10 UStAE-n.F.).

Zeitlich der eigentlichen Berufsausbildung vorgelagerte Leistungen, die die Aufnahme an einer Schule, Fachhochschule oder Hochschule erst ermöglichen, sind ebenfalls als Ausbildungsleistungen anzusehen. Hierzu zählen insbesondere Musikunterricht, Unterricht im künstlerischen Bühnentanz oder Unterricht in darstellender und bildender Kunst. Maßgeblich für die Einordnung als Ausbildungsleistung ist allein die Ausgestaltung des angebotenen Unterrichts, nicht das Alter, der Kenntnisstand oder das Ziel der Teilnehmer, so dass selbst Kunst-, Musik- und Bewegungsunterricht für Kinder unter drei Jahren umsatzsteuerfrei sein kann. (vgl. Abschn. 4.21.1 Abs. 11 UStAE-n.F.)

Wenn man den beruflichen Bezug des Ballettunterrichts eines dreijährigen Kindes nicht ausschließt, weil die theoretische Möglichkeit besteht, dass dieses Kind sehr viele Jahre später an einer Hochschule für künstlerischen Bühnentanz an einem Aufnahmeverfahren teilnehmen wird, könnte man auch andernorts die Steuerbefreiung ermöglichende berufliche Bezüge zulassen: Das Kind, das Schwimmen lernt, um evtl. später Taucher bei der Bundeswehr zu werden, das Kind, das Reiten lernt, um möglicherweise später in der Reiterstaffel der Polizei zu arbeiten u.v.m. – Derzeit werden jedoch Schwimmunterricht u.ä. als „punktueller“ Unterricht oder als Freizeitgestaltung vom Kreis des begünstigten Unterrichts ausgeschlossen: Für die Abgrenzung komme es allein auf die Ausgestaltung des Unterrichts an (Abschn. 4.21.1 Abs. 11 Satz 4 UStAE-n.F.). – Eine Erläuterung, worin konkret der alles entscheidende Unterschied in der Ausgestaltung des Unterrichts zwischen beispielsweise Ballettunterricht für Dreijährige und Schwimmunterricht für Dreijährige besteht, bleibt die Finanzverwaltung schuldig.

Von dem Begriff der Bildungsleistungen wird auch die durch einen Dozenten erbrachte Prüfungsabnahme abgedeckt (Abschn. 4.21.1 Abs. 14 UStAE-n.F.).

Während für Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Beruf oder Gewerbe ein Unmittelbarkeitserfordernis besteht, kommt es bei denjenigen Schulungsmaßnahmen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen, lediglich auf die konkrete Eignung der Maßnahme an, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten beruflich zu nutzen. Die Schulung selbst muss auf die Bedürfnisse der beruflichen Bildung zugeschnitten sein (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 Satz 4 UStAE-n.F.). Wenn alle Teilnehmer die Schulungsmaßnahme tatsächlich beruflich verwenden, kann von der Geeignetheit der Maßnahme ausgegangen werden (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 Satz 5 UStAE-n.F.).

Das grenzt schon an argumentative Hochseilakrobatik: Auf der einen Seite soll es für die Beurteilung der Frage, ob eine begünstigte Bildungsleistung vorliegt, einzig auf die Art der Leistung ankommen, nicht auf die subjektive Zielsetzung der Teilnehmer oder die Zusammensetzung der Teilnehmergruppe (Abschn. 4.21.1 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 UStAE-n.F.), auf der anderen Seite soll die tatsächliche Verwendung der Schulungsmaßnahme zu beruflichen Zwecken durch alle Teilnehmer Indiz dafür sein, dass die Unterrichtsleistung – ihrer Art nach – geeignet ist, dem Beruf zu dienen und damit eine begünstigte Fortbildungsmaßnahme zu sein (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 Satz 5 UStAE-n.F.).

Abzugrenzen sind die berufsbildenden Leistungen stets von der nicht umsatzsteuerbefreiten Unternehmensberatung, bei der die Verbesserung der Betriebsführung im Vordergrund steht (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 Satz 7 UStAE-n.F.).

2. Bildungsleistung, eng verbundener Umsatz oder Nebenleistung? – Zum Umfang der Umsatzsteuerbefreiung

Die Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsinstitute wie auch für selbständige Lehrer erstreckt sich auf Bildungsleistungen, die unmittelbar Schul- und Bildungszwecken dienen (§ 4 Nr. 21 Satz 1 a) und b) UStG), die Bildung also selbst bewirken anstatt sie lediglich zu ermöglichen (Abschn. 4.21.1 Abs. 1 Satz 2 UStAE-n.F.).

Ebenfalls von der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Satz 1 a) und b) UStG erfasst werden neben den eigentlichen Bildungsleistungen auch die mit ihnen eng verbundenen Umsätze (Abschn. 4.21.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE-n.F.). Eng mit Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder beruflicher Umschulung verbunden sind Leistungen, die von der Bildungseinrichtung selbst zusätzlich und zwar als eigenständige Leistungen zur Bildungsleistung erbracht werden. Der eng verbundene Umsatz muss zur Ausübung der Bildungsleistung unerlässlich sein: ohne ihn ist eine Gleichwertigkeit der Bildungsleistung nicht gewährleistet. Zusätzliche Einnahmen dürfen durch den eng verbundenen Umsatz i.d.R. nicht generiert werden (Abschn. 4.21.1 Abs. 15 UStAE-n.F.). So kann beispielsweise die Verpflegung in der Kaffeepause einen eng mit der Schulungsleistung verbundenen Umsatz darstellen, die übrige Verpflegung und Unterkunft der Teilnehmer hingegen nicht (vgl. Abschn. 4.21.1 Abs. 17 Nr. 2 UStAE-n.F.). Zu prüfen wäre, ob Unterkunft und Verpflegung der Schüler ggf. im Rahmen der Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen nach § 4 Nr. 23 UStG befreit ist (Abschn. 4.21.2 Abs. 3 UStAE-n.F.).

Lieferungen von Lehr-, Lern- und Verbrauchsmaterial dienen nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck. Sie sind nur insoweit steuerfrei, als es sich um einen mit der eigentlichen Bildungsleistung eng verbundenen Umsatz handelt oder um eine unselbständige Nebenleistungen, die das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt. Eine Nebenleistung liegt in diesen Fällen vor, wenn das den Lehrgangsteilnehmern überlassene Lehr-, Lern- und Verbrauchsmaterial inhaltlich den Unterricht ergänzt und zum Einsatz im Unterricht bestimmt ist. (Abschn. 4.21.2 Abs. 2 UStAE-n.F.)

Eng verbundene Umsätze von Privatlehrern sind nicht nach § 4 Nr. 21 c) UStG befreit (Abschn. 4.21.1 Abs. 18 UStAE-n.F.), wohingegen unselbständige Nebenleistungen unter die Befreiung fallen, da sie stets das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen.

3. Bildungseinrichtungen – Wer ist begünstigter Unternehmer?

3.1 Dozent selbst als eigenständige Bildungseinrichtung

Da es auf die Rechtsform des Trägers der Einrichtung nicht ankommt, können auch natürliche Personen oder Personenzusammenschlüsse begünstigte Einrichtungen betreiben, wenn neben den personellen auch die organisatorischen und sachlichen Voraussetzungen vorliegen, um den Unterricht zu ermöglichen (Abschn. 4.21.5 Abs. 1 Sätze 5 und 6 UStAE-n.F.). Die Einrichtung braucht im Rahmen ihres Lehrprogramms weder eigenen Lehrstoff anzubieten noch ausschließlich Bildungsleistungen zu erbringen (Abschn. 4.21.5 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UStAE-n.F.).

Zu den begünstigten Einrichtungen zählen auch vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Durchführung von Leistungen nach § 43 AufenthG (Integrationskurse) oder nach § 45a AufenthG (berufsbezogene Deutschsprachförderung) zugelassene Kursträger(Abschn. 4.21.5 Abs. 3 UStAE-n.F.).

Gleiches gilt für Musikschulen, künstlerische Bühnentanzschulen und Schulen für darstellende oder bildende Künste, sowie Einrichtungen, die pädagogische oder lernpsychologische Kenntnisse vermitteln. Sie können – unter weiteren Voraussetzungen – als begünstigte Einrichtung angesehen werden (vgl. Abschn. 4.21.5 Abs. 7 und 8 UStAE-n.F.).

Erforderlich für die Anerkennung als begünstigte Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist stets das Vorliegen einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass die Einrichtung Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringt (Abschn. 4.21.7 Abs. 1 UStAE-n.F.). Bei Trägern zur Durchführung von Integrationskursen oder bei der berufsbezogenen Deutschsprachförderung tritt die Zulassung des Trägers durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an die Stelle der Bescheinigung, sofern sich die Landesbehörde mit dieser Zulassung einverstanden erklärt hat (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 5 UStAE-n.F.). Bei Kooperationsverträgen (Pflegeberufe, Hebammen) gelten Besonderheiten (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 7 UStAE-n.F.).

Die Kurse des Institut Français sind nach Art. 4 des Protokolls zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Durchführung des Kulturabkommens vom 23.10.1954 aus dem Gebiet der Steuern und Zölle von der Umsatzsteuer befreit. Zu der Anerkennung dieses Protokolls als Bescheinigung i.S.d. §  Nr. 21 a) bb) UStG schweigt das BMF-Schreiben. Hier wäre eine Klarstellung wünschenswert, um nicht nur dem Institut Français selbst, sondern auch den dort lehrenden selbständigen Dozenten Rechtssicherheit hinsichtlich ihrer eigenen Unterrichtsleistungen zu geben.

Diejenigen Institute, die nicht dem Kreis der offiziellen Instituts Français angehören und deshalb als gemeinnütziger Verein organisiert sind, können ihre Unterrichtsleistungen nach § 4 Nr. 22a) UStG umsatzsteuerfrei anbieten. Hierbei wird keine Bescheinigung benötigt. Folge davon ist jedoch, dass der selbständige Dozent seinerseits keine nach § 4 Nr. 21 b UStG umsatzsteuerfreien Leistungen erbringt, d.h. ohne – zusätzliche – Bescheinigung des Institut Français sind die Leistungen des Dozenten umsatzsteuerpflichtig (sofern er kein Kleinunternehmer ist), weil nach § 4 Nr. 22 UStG lediglich die Leistungen des Institut Français, nicht aber die des Dozenten umsatzsteuerfrei sein können.

Erbringt die Einrichtung verschiedenartige Bildungszwecke, reicht es aus, wenn in einer einzigen Bescheinigung die verschiedenen Bildungsmaßnahmen bzw. Lehrgänge einzeln benannt werden (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 4 UStAE-n.F.).

Wird die Einrichtung in mehreren Bundesländern tätig, reicht die Bescheinigung desjenigen Bundeslandes, in dem die Einrichtung steuerlich geführt wird, es sei denn, die Einrichtung wird ausschließlich in anderen Bundesländern tätig; dann reicht die Bescheinigung eines dieser anderen Bundesländer. Franchisenehmer haben je selbst eine Bescheinigung zu beantragen. (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 3 UStAE-n.F.)

Verfahrensrechtlich wichtig ist, dass es sich bei der Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde um einen Grundlagenbescheid handelt, an den die Finanzverwaltung gebunden ist hinsichtlich der Frage, mit welchen Leistungen (Lehrgängen) und für welchen Zeitraum die Bildungseinrichtung Bildungsleistungen erbringt (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UStAE-n.F.). Dabei behält sich die Finanzverwaltung vor, bei der zuständigen Landesbehörde eine Überprüfung der Bescheinigung anzuregen (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz UStAE-n.F.).

Wann wird die Finanzverwaltung die Erteilung einer Bescheinigung, dass umsatzsteuerfreie Bildungsleistungen erbracht werden, anregen? Vermutlich eher in Fällen, in denen die Einrichtung hohe Vorsteuerbeträge aus Investitionen geltend macht. Insofern wird das „faktische“ Wahlrecht auf Umsatzsteuerbefreiung (ohne Vorsteuerabzugsberechtigung) oder Umsatzsteuerpflicht (mit Vorsteuerabzugsberechtigung), das sich aus der Möglichkeit ergibt, eine Bescheinigung zu beantragen oder eben auch nicht, mit einer signifikanten Unsicherheit behaftet – zum Nachteil der Bildungsinstitute bzw. ihrer Vermieter. Rechtssicherheit kann jedoch erlangt werden, indem ein Antrag auf verbindliche Auskunft gestellt wird, möglichst vor der Investition.

Liegt eine Bescheinigung vor, garantiert dies noch nicht die Anerkennung der Umsatzsteuerbefreiung durch die Finanzverwaltung: Die Finanzbehörden entscheiden in eigener Zuständigkeit, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit im Übrigen vorliegen, wozu insbesondere die Voraussetzung der Unmittelbarkeit gehört (vgl. Abschn. 4.21.7 Abs. 2 Sätze 4 und 5 UStAE-n.F.).

3.2 Dozent als selbständiger Lehrer für eine andere Bildungseinrichtung

Wird ein selbständiger Lehrer (Dozent) als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis für Bildungseinrichtungen i.S.d. § 4 Nr. 21 a) UStG tätig, erbringt er seinerseits ggü. der Bildungseinrichtung umsatzsteuerfreie Unterrichtsleistungen gem. § 4 Nr. 21 b) UStG.

Auch hier gilt die Rechtsformneutralität: Selbständiger Lehrer kann auch ein Personenzusammenschluss oder eine juristische Person sein (vgl. Abschn. 4.21.6 Abs. 1 UStAE-n.F.).

Nicht begünstigt ist allerdings die Erstellung von Lehrbriefen durch (Fach-) Autoren für eine Bildungseinrichtung, weil es hier an der Unmittelbarkeit der Unterrichtsleistung und damit dem persönlichen Kontakt zwischen Lehrendem und Lernenden fehlt (vgl. Abschn. 4.21.6 Abs. 2 UStAE-n.F.).

Ist eine Ausdehnung der Umsatzsteuerbefreiung auf die Erstellung von Lehrbriefen gewünscht, sollte sich das durch die Einrichtung einer Kontaktmöglichkeit gestalten lassen.

Wird der selbständige Lehrer für eine Bildungseinrichtung tätig, die für ihre eigene Umsatzsteuerbefreiung eine Bescheinigung benötigt (§ 4 Nr. 21 a) bb) UStG), hängt die Umsatzsteuerbefreiung des selbständigen Lehrers vom Status der Einrichtung ab (§ 4 Nr. 21 b) bb) UStG). Für die Anerkennung seiner eigenen Umsatzsteuerbefreiung hat der selbständige Lehrer als Nachweis eine Bestätigung der anderen Bildungseinrichtung beizubringen, aus der sich ergibt, dass die andere Bildungseinrichtung selbst die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erfüllt, und dass die Unterrichtsleistung des selbständigen Lehrers im begünstigten Bereich der Einrichtung erfolgt (vgl. Abschn. 4.21.6 Abs. 3 Satz 3 UStAE-n.F.). Dementsprechend soll die Bestätigung der Bildungseinrichtung, für die der selbständige Lehrer tätig wird, folgende Angaben enthalten (Abschn. 4.21.6 Abs. 4 UStAE-n.F. mit weiteren Details):

  1. Bezeichnung und Anschrift der Bildungseinrichtung;
  2. Name und Anschrift des Unternehmers;
  3. Bezeichnung des Fachs, des Kurses oder Lehrgangs etc., in dem der Unternehmer
    unterrichtet;
  4. Unterrichtszeitraum und
  5. Versicherung über das Vorliegen einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für den oben bezeichneten Unterrichtsbereich.

Erteilt der Unternehmer bei einer Bildungseinrichtung in mehreren Fächern, Kursen oder Lehrgängen etc. Unterricht, können sie in einer Bestätigung zusammengefasst werden, sind jedoch gesondert aufzuführen. Die Bestätigung ist für jedes Kalenderjahr gesondert zu erteilen.

3.3 Dozent als Privatlehrer

Anders als bei begünstigten Bildungseinrichtungen und selbständig tätigen Lehrern, gibt es für Privatlehrer keine Rechtsformneutralität: Privatlehrer können ausschließlich natürliche Personen sein (Abschn. 4.21.8 Abs. 1 Satz 2 UStAE-n.F.).

Obgleich der Wortlaut der Befreiungsnorm allein von „Schul- und Hochschulunterricht“ spricht, den der Privatlehrer erteilt (§ 4 Nr. 21 c) UStG), bezieht die Finanzverwaltung dieVermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit ein – d. h. Ausbildung, Fortbildung und Umschulung –und stützt sich hierbei auf die Rechtsprechung des BFH (Abschn. 4.21.8 Abs. 1 Satz 3 UStAE-n.F.).

Erforderlich für die Umsatzsteuerbefreiung der Unterrichtsleistung ist die hierzu objektiv geeignete Qualifikation des Privatlehrers (Abschn. 4.21.8 Abs. 3 UStAE-n.F.).

Der Privatlehrer muss zudem in eigener Person, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung die Unterrichtsleistungen erbringen, wobei der Unterricht auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Schülers oder Studenten ausgerichtet ist; Gruppenunterricht wird als unschädlich angesehen. Dabei gestaltet und organisiert der Privatlehrer selbst die Unterrichtseinheiten, die nicht zwingend räumlich in einer (Hoch-) Schule stattfinden müssen, sondern z.B. auch in dessen Wohnung erteilt werden können. Die eigene Verantwortung erfordert es, dass der selbständige Lehrer das Lehrkonzept selbst bestimmt; dass ihm Thema oder Lehrplan vorgegeben werden, steht der eigenen Verantwortung nicht entgegen. (Vgl. Abschn. 4.21.8 Abs. 2 UStAE-n.F.) Nicht Privatlehrer ist, wer im Verhinderungsfall Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung hat, denn dann wird er nicht auf eigene Rechnung tätig (Abschn. 4.21.8 Abs. 2 Satz 5 UStAE-n.F.).

Das Erfordernis, dass der Unterricht privat erteilt wird, setzt keine unmittelbare Vertragsbeziehung des Privatlehrers zu seinen Schülern bzw. Studenten voraus. Eine Vertragsbeziehung kann auch mit anderen Personen bestehen, etwa mit ihren Eltern (vgl. Abschn. 4.21.8 Abs. 2 UStAE-n.F.). Unterhält der Lehrer jedoch mit einer Bildungseinrichtung vertragliche Beziehungen und erteilt er seinen Unterricht für die Bildungseinrichtung, ist die Umsatzsteuerbefreiung als Privatlehrer gem. § 4 Nr. 21 c) UStG ausgeschlossen. In Betracht kommt aber eine Befreiung als selbständiger Lehrer gem. § 4 Nr. 21 b) UStG, sofern alle übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Abschn. 4.21.8 Abs. 4 UStAE-n.F.).

Ebenfalls ausgeschlossen ist die Umsatzsteuerbefreiung für von Privatlehrern erteilter Unterricht gem. § 4 Nr. 21 c) UStG, wenn das Unternehmen schulbetriebsähnliche Strukturen aufweist, wie z.B. Personal, Sachmittel, Unterrichtsräume, oder wenn Lehrveranstaltungen beständig angeboten werden. Allerdings kann in einem solchen Fall eine Befreiung als begünstigte Einrichtung gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG in Frage kommen, sofern alle übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere eine Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde erteilt wird (vgl. Abschn. 4.21.8 Abs. 5 UStAE-n.F.).

4. Fazit: Was lange währt – lässt manche Frage offen

Zwar verschafft das Schreiben des Bundesfinanzministeriums in einigen Punkten Klarheit, jedoch nicht immer zur ungetrübten Freude der betroffenen Unternehmer, wie die Gleichsetzung der obligatorischen Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz mit der Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde zeigt.

Ansonsten bleiben nach wie vor zahlreiche Abgrenzungsfragen offen: Was ist im Einzelfall punktueller Unterricht, Freizeitgestaltung oder Unternehmensberatung? Wann wird eine Bildungsleistung unmittelbar erbracht, wann ist ein Umsatz eng mit ihr verbunden und wann liegt eine unselbständige Nebenleistung vor? Diese Themen dürften die Gerichte künftig beschäftigen.

Im Grenzbereich sollte stets geprüft werden, ob eine andere Befreiungsnorm rechtssicher angewendet werden kann: Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG), die Betreuung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen (§ 4 Nr. 23 UStG) oder das Angebot von Volkshochschulen, Berufsverbänden etc. (§ 4 Nr. 22 UStG) könnten den Ausweg weisen.

Die Bescheinigungsregelung lässt die Intervention der Finanzverwaltung zu und schafft damit Rechts- und Planungsunsicherheit – sowohl für die Einrichtung selbst als auch für die an ihr freiberuflich unterrichtenden selbständigen Lehrer. Ein geregeltes Verfahren zur Sicherstellung des Status wahlweise als umsatzsteuerfreie oder als umsatzsteuerpflichtige Einrichtung wäre wünschenswert.

Uneingeschränkt zu begrüßen sind jedoch die großzügigen, bis zum Jahr 2027 geltenden Übergangsregelungen. Sie verschaffen Betroffenen Luft zur weiteren Planung und Gestaltung: Zeit, die genutzt werden sollte.